Die neusten Entwicklungen
- Das Rote Kreuz warnt vor einer drastischen Verschärfung der humanitären Lage in Äthiopiens Konfliktregion Tigray, sollte nicht schnell mehr Hilfe bei den Menschen ankommen. «Die Lage in Äthiopien verschlechtert sich jeden Tag und jede Minute», sagte am Donnerstag (28. 1.) der Präsident der äthiopischen Rotkreuzgesellschaft, Ato Abera Tola. Rund 3,5 Millionen Menschen würden Hilfe benötigen. Man bemühe sich, Nothilfe zu leisten, aber die Ressourcen seien beschränkt und man könne viele Menschen nicht erreichen. «Dies ist kein typischer humanitärer Nothilfeeinsatz. Dies ist ein Konflikt, dies ist Krieg.» Im Dezember hatten sich die Uno und Addis Abeba darauf verständigt, dass Helfer ungehinderten Zugang zu den Notleidenden in den von der Regierung kontrollierten Gebieten bekommen würden. Allerdings werden bei weitem noch nicht alle Menschen in Tigray erreicht und einige Organisationen kritisieren die bürokratischen Hürden.
- Nach dem Massaker im Westen Äthiopiens hat sich die Zahl der Toten auf über 220 verdoppelt. Laut der Nachrichtenagentur Reuters hat ein freiwilliger Mitarbeiter des Roten Kreuzes am Freitag (25. 12.) angegeben, dass am Mittwoch (23. 12.) 207 Opfer der Gewalttat und 15 Angreifer beerdigt wurden. Die Äthiopische Menschenrechtskommission und Amnesty International hatten zuerst von mehr als 100 Todesopfern gesprochen. 40 000 Menschen sind geflohen. Bewaffnete hatten in Grenznähe zum Sudan Angehörige der Volksgruppen Amhara, Oromo und Shinasha angegriffen. Die wegen der Corona-Pandemie verschobenen Parlamentswahlen sollen am 5. Juni abgehalten werden, sagte der Wahlvorstand am Freitag, während Regierungschef Abiy Ahmed versucht, politische und ethnische Gewalt in mehreren Regionen zu unterdrücken. Abiy’s Wohlstandspartei, eine pan-äthiopische Bewegung, die er vor einem Jahr gegründet hat, sieht sich Herausforderungen von zunehmend schrillen, ethnisch basierten Parteien gegenüber, die mehr Macht für ihre Regionen suchen.
- Humanitäre Helfer haben laut der Uno-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, noch immer keinen vollen Zugang zur Konfliktregion Tigray in Äthiopien. Dies trotz einer offiziellen Einigung mit Addis Abeba. Zwar begrüsse man die Erklärung der äthiopischen Regierung vor einigen Wochen, es werde ungehinderten humanitären Zugang geben, dies müsse aber für alle Gebiete in Tigray gelten, in denen von den Kämpfen betroffene Zivilisten lebten, teilte Bachelet am Dienstag (22. 12.) mit. Derzeit sei der Zugang für humanitäre Helfer weiterhin eingeschränkt und es gebe auch nach wie vor ein Kommunikations-Blackout in vielen Gebieten.
- Nach dem Eintreffen der ersten Hilfskonvois in der Konfliktregion Tigray werden die Folgen der dortigen Kämpfe für die Bevölkerung immer deutlicher. «Die humanitären Auswirkungen sind sowohl innerhalb Äthiopiens als auch jenseits der Grenze zum Sudan deutlich zu spüren und erschütternd», erklärte am Mittwoch (16. 12.) der DRK-Generalsekretär Christian Reuter. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) beteiligt sich an der anlaufenden Hilfe. Nach wie vor sei der Zugang zur Region Tigray für humanitäre Unterstützung äusserst schwierig, die Telekommunikationswege seien weitgehend abgeschnitten, so Reuter. Der erste Hilfskonvoi des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz und des Äthiopischen Roten Kreuzes habe am 12. Dezember die Regionalhauptstadt Mekelle erreicht.
- Streitkräfte des Landes haben laut dem Regierungschef Abiy Ahmed die Hauptstadt der Region Tigray eingenommen. Die Zentralregierung habe nun volle Kontrolle über Mekelle, teilte Abiy am Samstag mit. Der Flughafen und andere wichtige Standorte seien eingenommen worden. Zudem wurden nach seinen Worten Tausende von Soldaten befreit, die die Volksbefreiungsfront TPLF gefangen genommen hatte.
- Nach dem Ablauf eines Ultimatums zur Kapitulation der Kräfte in der Konfliktregion Tigray hat Äthiopiens Regierungschef Abiy Ahmed dort eine finale Militäroffensive angeordnet. Man rufe die Bewohner von Mekelle, der Hauptstadt von Tigray, dazu auf, die Waffen niederzulegen, in ihren Häusern zu bleiben und sich von militärischen Zielen fernzuhalten, teilte der Regierungschef Abiy Ahmed am Donnerstag auf Facebook mit. Man werde sich während der Offensive bemühen, Zivilisten zu schützen. Zuvor waren die äthiopischen Streitkräfte in Richtung Mekelle vorgerückt. Am Sonntag hatte Abiy den Kräften in Tigray ein 72-stündiges Ultimatum zur Kapitulation gesetzt. Laut dem Ministerpräsidenten kapitulierten Tausende von Kämpfern. Etliche Stimmen der internationalen Gemeinschaft, unter ihnen der Uno-Generalsekretär António Guterres, riefen zum Schutz der Zivilbevölkerung auf.
Quelle: https://www.nzz.ch/international/gewalteskalation-in-aethiopien-die-neusten-entwicklungen-ld.1586148#subtitle-was-ist-in-thiopien-geschehen-second